EFSA und ECDC warnen vor zunehmenden Antibiotikaresistenzen in der Europäischen Union

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Bakterien bei Menschen und Tieren sowie in Lebensmitteln zeigen weiterhin Resistenzen gegenüber den am häufigsten eingesetzten antimikrobiellen Substanzen, so der jüngste Bericht über Antibiotikaresistenzen bei Zoonosebakterien in Europa. Wissenschaftler warnen, dass die Resistenz von Campylobacter gegenüber Ciprofloxacin, einem Antibiotikum von besonderer Bedeutung für die Behandlung von Infektionen beim Menschen, sehr hoch ist, was die Optionen zur wirksamen Behandlung von schweren Lebensmittelinfektionen einschränkt. Multiresistente Salmonella-Bakterien breiten sich immer weiter in Europa aus.

Die Ergebnisse dieses jüngsten europaweiten Jahresberichts der EFSA und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) unterstreichen einmal mehr, dass Antibiotikaresistenzen ein ernst zu nehmendes Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. Die Europäische Kommission hat dieses Risiko zu einem der wichtigsten Schwerpunkte ihrer politischen Agenda im Bereich der Lebensmittelsicherheit erklärt.

Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, dazu: „Jedes Jahr führen Infektionen durch antibiotikaresistente Bakterien zu etwa 25.000 Todesfällen in der EU – aber die Bedrohung ist nicht auf Europa beschränkt. Dies ist ein globales Problem, das eine globale Lösung erfordert.“

„Die EU steht seit langem an vorderster Front im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen und ist führend auf diesem Gebiet.  Indem EFSA und ECDC ihr Fachwissen in den Bereichen Human- und Tiergesundheit vereinen, gelingt es den beiden Behörden, viele der Stücke in diesem komplexen Puzzle zusammenzufügen, um politischen Entscheidungsträgern weltweit wertvolle wissenschaftliche Beratung zu leisten,“ so Andriukaitis weiter.

Dem Bericht zufolge gibt es in EU-Geflügelbeständen auch Hinweise auf Resistenzen vonSalmonella und E. coli gegenüber dem Antibiotikum Colistin. Mike Catchpole, leitender Wissenschaftler am ECDC, erklärte: „Das ist beunruhigend, weil es bedeutet, dass dieses Reserveantibiotikum zur Behandlung schwerer Salmonelleninfektionen beim Menschen möglicherweise bald nicht mehr wirksam ist.“

Neben den hohen Resistenzraten, die sich für ganz Europa zeigen, gehen aus dem Bericht auch erhebliche regionale Unterschiede hervor. Die höchsten Antibiotikaresistenzen (Antimicrobial Resistance – AMR) sind in Ost- und Südosteuropa zu beobachten. Marta Hugas, Leiterin des EFSA-Referats für biologische Gefahren und Kontaminanten, erklärte: „In Nordeuropa ist ein geringeres Auftreten von Resistenzen bei Bakterien aus Geflügel zu verzeichnen, vor allem in Ländern mit niedrigem Antibiotikaeinsatz bei Tieren.“

Die wichtigsten Ergebnisse

Campylobacter – Campylobacteriose, die durch Campylobacter verursachte Erkrankung, ist die am häufigsten berichtete lebensmittelbedingte Krankheit in der EU.

Resistenzen gegenüber häufig eingesetzten antimikrobiellen Substanzen, wie Ciprofloxacin, wurden bei Bakterien sowohl von Menschen als auch aus Geflügel nachgewiesen. Hohe bis extrem hohe Resistenzen gegenüber Ciprofloxacin wurden bei Masthähnchen (69,8%) sowie bei Bakterien von Menschen (60,2%) beobachtet. Hohe bis extrem hohe Resistenzen gegenüber Nalidixinsäure und Tetracyclinen wurden bei Masthähnchen berichtet.

Salmonella – Salmonellose ist die am zweithäufigsten berichtete lebensmittelbedingte Erkrankung.

Resistenzen gegenüber häufig eingesetzten antimikrobiellen Substanzen wurden nachgewiesen bei Salmonellen von Menschen (Tetracycline 30%, Sulfonamide 28,2%, Ampicillin 28,2%) sowie aus Geflügel.

Die Prävalenz von Multiresistenzen war hoch bei Bakterien von Menschen (26%) und besonders hoch bei Masthähnchen- und Putenfleisch (24,8% bzw. 30,5%). Einige Salmonellenarten – Salmonella Kentucky und Salmonella Infantis – geben besonderen Grund zur Sorge, da sie hohe Resistenzraten gegenüber Ciprofloxacin sowie hohe Multiresistenz zeigten.

Das Auftreten von Beta-Lactamasen mit erweitertem Wirkspektrum (Extended Spectrum Beta-Lactamasen – ESBL) wurde in geringen Mengen bei Salmonella aus Geflügel beobachtet. Ein Klon von multiresistenten und ESBL-produzierenden Salmonella Infantis wurde sowohl bei Menschen als auch bei Geflügel berichtet. Carbapenemase produzierendeSalmonella wurden weder in Geflügel noch Geflügelfleisch nachgewiesen.

  • The European Union summary report on antimicrobial resistance in zoonotic and indicator bacteria from humans, animals and food in 2014

Hintergrund

  • Der von EFSA und ECDC veröffentlichte Bericht präsentiert die Analyseergebnisse der von Mitgliedstaaten übermittelten Daten für das Jahr 2014.
  • Kürzlich eingeführte Änderungen in der Art und Weise, wie Antibiotikresistenzen bei zur Lebensmittelerzeugung genutzten Tieren sowie Lebensmitteln überwacht werden, haben dazu geführt, dass die Daten nun spezifischer und besser vergleichbar zwischen Mitgliedstaaten bzw. Sektoren sind, und der Umfang der Überwachung erweitert wurde.
    Ab diesem Jahr enthält der Bericht Informationen über Resistenzen gegenüber Colistin bei Salmonella und E. coli in Geflügelbeständen in der EU. Der Bericht enthält auch Informationen über das Auftreten von Salmonella- und E. coli-Stämmen, die Beta-Lactamasen mit erweitertem Wirkspektrum (Extended-Spectrum Beta-Lactamasen – ESBL) und/oder Carbapenemasen produzieren; hierbei handelt es sich um Enzyme, die Resistenzen gegenüber Cephalosporin- bzw. Carbapenem-Antibiotika der dritten Generation übertragen, die von besonderer Bedeutung sind. Im Jahr 2014 konzentrierte sich die Überwachung von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien aus Tieren und Lebensmitteln auf Masthähnchen, Legehennen und Mastputen. Im nächsten Jahr wird der Bericht sich schwerpunktmäßig mit Schweinen und Rindern befassen.
  • Resistenzen gegenüber Colistin, einem Antibiotikum, das in einigen Ländern häufig zur Bekämpfung von E. coli-Infektionen – insbesondere bei Schweinen – eingesetzt wird, wurden vor kurzem aus China berichtet. Das entsprechende Gen (mcr-1) fand sich auf einem mobilen genetischen Element (Plasmid), das zwischen Bakterien übertragen werden kann. Bisher ging man davon aus, dass Colistin-Resistenz bei Bakterien von Menschen und Tieren chromosomal vermittelt wird, weshalb eine Übertragung zwischen Bakterien als unwahrscheinlich angesehen wurde.

Pressekontakt:
Medienstelle der EFSA
Tel. +39 0521 036 149
Press@efsa.europa.eu

Quelle: EFSA