Unentdecktes Defizit kann weitreichende Folgen haben

The glucometer, test strips, insulin against the backdrop of record results
The glucometer, test strips, insulin against the backdrop of record results

Früher wurde die Erkrankung als Zuckerkrankheit bezeichnet, heute ist die Bezeichnung Diabetes mellitus auch in der Bevölkerung geläufig. Die häufiger auftretende Form, Diabetes Typ-II, wird weltweit meist mit einem Medikament behandelt, das den Blutzuckerspiegel senkt – Metformin. Jedoch kann bei einer längerfristigen Einnahme ein Vitamin-B12-Mangel auftreten. Ein solches Defizit kann zu neurologischen Symptomen führen, die denen ähneln, die durch den Diabetes selbst verursacht werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass ein B12-Mangel frühzeitig diagnostiziert wird, um langfristige Schäden zu vermeiden. (1)

„Honigsüßer Durchfluss“ ist die deutsche Übersetzung für Diabetes mellitus. Bei dieser Krankheit spielt das Insulin die zentrale Rolle. Das Hormon reguliert den Blutzuckerspiegel, indem es dafür sorgt, dass Glukose aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird. Bei Diabetes-Patienten ist der Blutzuckerspiegel erhöht, was entweder auf eine eingeschränkte Bildung oder Wirkung des Insulins zurückzuführen ist. Diabetes wird in die beiden Hauptgruppen Typ I und Typ II unterteilt. Bei Typ I liegt ein absoluter Insulinmangel vor, weshalb diese Form direkt mit dem fehlenden Hormon behandelt wird.

Typ-II-Diabetes – im Volksmund als Altersdiabetes bezeichnet – ist die häufigste Form der Stoffwechselerkrankung. (2) In Deutschland leiden rund acht Millionen Menschen an Diabetes. (3) Da bei dieser Form der Erkrankung ausreichend Insulin vorhanden ist, aber die Wirkung des Hormons eingeschränkt ist, wird in der Regel nicht mit Insulin behandelt, sondern mit Metformin. Das seit 1957 eingesetzte Medikament wird auch als Antidiabetikum bezeichnet. Es unterbindet die Neubildung von Zucker in der Leber und senkt so den Blutzuckerspiegel. Metformin ist für seine Effektivität, seine hohe Sicherheit sowie seine positive Wirkung auf den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System bekannt. (4) Allerdings zeigten diverse Studien in der Vergangenheit, dass bei langfristigem Einsatz des Antidiabetikums ein Mangel an Vitamin B12 auftreten kann. Je nach Studie wurde eine Prävalenz von bis zu 22 Prozent festgestellt. (5)

Vitamin-B12-Mangel durch Metformin

Die früheren Studienergebnisse wurden jüngst durch zwei Untersuchungen mit knapp 9000 Probanden bestätigt. (1,6) In beiden Studien konnte ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Metformin-Behandlung und der Vitamin-B12­-Konzentration im Blut beobachtet werden: Je länger die Behandlung und je höher die Dosierung, desto niedriger war der Vitamin-B12-Spiegel.

Die genauen Ursachen des Vitaminmangels nach Metformineinnahme sind bislang nicht bekannt. Naheliegend ist die Vermutung, dass das Medikament zu Defekten im Magen-Darm-Trakt führt: Die Belegzellen im Magen bilden ein spezielles Protein, das entscheidend für die Aufnahme des Vitamins im Dünndarm ist. Kommt es zu einem Verlust von Belegzellen, kann langfristig ein Vitamin-B12­­-Mangel auftreten.

Probleme bei der Aufnahme des Vitalstoffs können aber auch aufgrund von fehlender Salzsäure auftreten. Beide Prozesse könnten durch eine Metformin – Behandlung ausgelöst werden. Da Vitamin B12 in der Leber gespeichert wird, können jedoch zwischen einem und fünf Jahren vergehen, bis Mangelsymptome auftreten. (7)

Ähnliche Symptome von Vitamin-B12-Mangel und Diabetes

Aus den neueren Studien geht hervor, dass knapp 10 Prozent der Metformin-Patienten einen Mangel an Vitamin B12 aufwiesen. Die Wissenschaftler merken an, dass die klinische Bedeutung des Vitamin-B12-Defizits noch unklar ist, aber dass dennoch Routine-Untersuchungen zur Bestimmung der B12-Konzentration im Blut von Diabetes-Patienten erforderlich seien. Insbesondere dann, wenn Metformin für eine Dauer von mehr als vier Jahren mit einer durchschnittlichen Dosis von 1000 Milligramm pro Tag eingenommen wird. (1)

Die Symptome eines Vitamin-B12-Mangels sind vielfältig und reichen von Veränderungen der mentalen Verfassung über eine Vergrößerung der roten Blutkörperchen bis hin zu neurologischen Schäden. Bei Diabetespatienten können durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte ebenfalls die Nerven geschädigt werden, fachsprachlich als Neuropathie bezeichnet. Bei rund jedem dritten Patienten tritt eine solche Neuropathie auf, die zu den häufigsten Folgeschäden einer Diabeteserkrankung gehört. (8)

Problematisch ist, dass die neuropathologischen Symptome des Diabetes mit einer durch Vitamin-B12-Mangel hervorgerufenen Neuropathie überlappen können. Wird das B12-Defizit nicht erkannt und zur Behandlung aufgrund der Annahme eines vorliegenden Typ-II-Diabetes nur Metformin eingesetzt, können die neurologischen Schäden weiter fortschreiten. Daher ist eine frühe Diagnose eines Vitamin-B12-Mangels entscheidend, um eine Metformin-Behandlung mit Vitamin-B12-Supplementen zu ergänzen. (1)

Erfahren Sie mehr über Diabetes in unserer neuen Rubrik „Vitalstoffe und Gesundheit“.

Quellen:

1) Ko SH et al.; Association of vitamin B12 deficiency and metformin use in patients with type 2 diabetes.; J Korean Med Sci. 2014 Jul;29(7):965-72.
2) Cho NM; 2013 Diabetic atlas, 6th edn. International Diabetes Federation, Brussels.
3) http://www.diabetes-deutschland.de/aktuellesituation.html; abgerufen am 25.01.2015
4) American Diabetes Association Standards of medical care in diabetes-2014.; Diabetes Care. 2014 Jan;37 Suppl 1:S14-S80.
5) Pflipsen MC et al.; The prevalence of vitamin B12 deficiency in patients with type 2 diabetes: a cross-sectional study.; J Am Board Fam Med. 2009 Sep-Oct;22(5):528-34.
6) Niafar M et al.; The role of metformin on vitamin B12 deficiency: a meta-analysis review.; Intern Emerg Med. 2015 Feb;10(1):93-102.
7) Da Silva L, McCray S (2009) Vitamin B12: no one should be without it. Pract Gastroentrol 33(1):39–46.
8) http://www.diabetes-ratgeber.net/Neuropathie; abgerufen am 18.1.2016

Quelle: GIVE