BVL veröffentlicht Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2016.
Die Ergebnisse des repräsentativen Zoonosen-Monitorings 2016, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) heute veröffentlicht hat, zeigen, dass bestimmte antibiotikaresistente Bakterien in ökologischen Haltungsbetrieben von Masthähnchen seltener nachgewiesen werden als in konventionellen Haltungen. Eine Ursache hierfür könnten Unterschiede in der Häufigkeit der Behandlung von konventionell und ökologisch gehaltenen Masthähnchen mit Antibiotika sein.
Im Rahmen des Zoonosen-Monitorings 2016 wurden insgesamt 6.706 Proben auf allen Ebenen der Lebensmittelkette durch die Überwachungsbehörden der Bundesländer genommen und von den Untersuchungseinrichtungen auf das Vorkommen der wichtigsten über Lebensmittel übertragbaren Erreger untersucht. Dabei wurden 2.925 Bakterien-Isolate gewonnen und in den Nationalen Referenzlaboratorien am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weitergehend charakterisiert und auf ihre Resistenz gegen ausgewählte Antibiotika untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse sind:
ESBL/AmpC-bildende E. coli
Extended-Spectrum-Beta-Laktamase (ESBL) und AmpC-Beta-Laktamase (AmpC) bildende Bakterien zeichnen sich dadurch aus, dass sie Enzyme bilden, die die Wirksamkeit von Penicillinen und Cephalosporinen herabsetzen bzw. aufheben, sodass sie resistent gegenüber diesen Antibiotika sind. Die Ergebnisse zeigen, dass ESBL/AmpC-bildende E. coli in der Lebensmittelkette Masthähnchen häufig vorkommen. In etwa der Hälfte der untersuchten Kotproben aus konventionellen Masthähnchenbetrieben (50,2 % positive Proben) und Proben von frischem Hähnchenfleisch (49,8 % positive Proben) wurden ESBL/AmpC-bildende E. coli nachgewiesen.
Auffallend war, dass Proben aus ökologischen Masthähnchenbetrieben nur zu 25,7 % und damit signifikant seltener positiv für ESBL/AmpC-bildende E. coli waren als die entsprechenden Proben aus konventionellen Haltungen. Diese beobachteten Unterschiede können mit der im Vergleich zu konventionellen Masthähnchenbetrieben geringeren Therapiehäufigkeit mit Antibiotika in ökologischen Betrieben im Zusammenhang stehen.
Campylobacter
Die Nachweisraten von Campylobacter spp. in der Lebensmittelkette Masthähnchen liegen nach wie vor auf einem hohen Niveau. Knapp 77 % der Halshautproben von Masthähnchen am Schlachthof und 47,2 % der Proben von frischem Hähnchenfleisch waren positiv für Campylobacter spp. Etwa ein Viertel der Schlachtkörperproben wies Keimzahlen von über 1.000 koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KbE/g) auf und erfüllte somit nicht die Anforderungen des ab dem Jahr 2018 geltenden Prozesshygienekriteriums für Campylobacter spp. auf Masthähnchenschlachtkörpern. Angesichts der Bedeutung von Campylobacter als Auslöser von Erkrankungen des Menschen besteht Handlungsbedarf, um die Belastung von Lebensmitteln mit diesen Keimen zu reduzieren.
Salmonellen
Der in den letzten Jahren zu beobachtende Rückgang der Salmonellen-Nachweisraten in der Geflügelfleischkette hat sich im Zoonosen-Monitoring 2016 nicht weiter fortgesetzt. Die Ergebnisse der Untersuchungen von Halshautproben von Masthähnchenschlachtkörpern (6,7 % positive Proben) und Proben von frischem Hähnchenfleisch (4,7 % positive Proben) lagen in derselben Größenordnung wie im Zoonosen-Monitoring 2014.
Die Schlachtkörper von Mastputen waren mit 11,9 % positiver Halshautproben und frisches Putenfleisch mit 2,6 % positiver Proben etwas häufiger mit Salmonellen kontaminiert als im Jahr 2014 (7,1 % bzw. 1,7 % positive Proben). Auffallend war, dass zwischen den einzelnen Schlachthöfen deutliche Unterschiede in der Häufigkeit der Kontamination der Schlachtkörper mit Salmonellen auftraten. Dies weist auf Verbesserungspotential im Hinblick auf eine gute Hygienepraxis für einige Schlachthöfe hin.
Mit 2,4 % positiver Kotproben stellen auch Wildschweine ein Reservoir für Salmonellen dar. Die besonderen Bedingungen bei der jagdlichen Wildfleischgewinnung begünstigen zudem die Kontamination des Fleisches mit Keimen. Wildfleisch sollte deshalb nur ausreichend durchgegart verzehrt werden.
Sprossen aus dem Einzelhandel stellen mit 0,8 % positiver Proben ebenfalls eine mögliche Quelle für Infektionen des Menschen mit Salmonellen dar, zumal Sprossen häufig roh verzehrt werden, so dass vor dem Verzehr keine Keimreduktion stattfindet. Empfindlichen Verbrauchergruppen wie Kleinkindern, älteren und immungeschwächten Menschen sowie Schwangeren wird geraten, auf den Konsum von rohen Sprossen zu verzichten.
Resistenzlage
Die Ergebnisse der Antibiotikaresistenzuntersuchungen zeigen, dass der Anteil resistenter Isolate bei Mastgeflügel weiterhin hoch ist. Die zum Teil steigenden Resistenzraten von Isolaten gegenüber Fluorchinolonen sind besorgniserregend, weil dieser Wirkstoffgruppe eine besondere Bedeutung für die Therapie beim Menschen zukommt. Sie verdeutlichen, dass der Einsatz von Antibiotika und insbesondere von Fluorchinolonen bei Geflügel weiter auf das unbedingt notwendige Maß reduziert werden muss.
Auffallend ist, dass E. coli-Isolate aus konventionellen Masthähnchenbetrieben insgesamt eine deutlich höhere Resistenzrate von 86,7 % aufwiesen als Isolate aus ökologischen Masthähnchenbetrieben, die lediglich zu 29 % gegenüber mindestens einer der getesteten antibiotischen Substanzen resistent waren. Außerdem waren deutlich mehr E. coli-Isolate aus konventionellen Betrieben resistent gegenüber dem Fluorchinolon Ciprofloxacin (44,5 % resistente Isolate) als Isolate aus ökologischen Masthähnchenbeständen (9,7 % resistente Isolate). Die E. coli-Isolate aus Sprossen waren durchweg empfindlich gegenüber den getesteten Substanzen. Auch die Isolate von Wildschweinen waren überwiegend sensibel, was den geringen antimikrobiellen Selektionsdruck widerspiegelt, dem die Darmbakterien von Wild unterliegen.
Bei der Interpretation der Ergebnisse der Resistenzuntersuchungen muss beachtet werden, dass die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) anhand der epidemiologischen Cut-Off-Werte bewertet wurden. Diese bestimmen den Anteil mikrobiologisch resistenter Isolate und geben frühzeitig Hinweise auf eine beginnende Resistenzentwicklung, erlauben aber keine unmittelbare Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolges mit einem Antibiotikum.
- Vollständiger Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2016
- Verbrauchertipps zum Schutz gegen lebensmittelbedingte Infektionen
Hintergrund
Zoonosen sind Krankheiten bzw. Infektionen, die auf natürlichem Weg direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. Zoonoseerreger können von Nutztieren zum Beispiel während der Schlachtung und Weiterverarbeitung auf das Fleisch übertragen werden. Mit Zoonoseerregern kontaminierte Lebensmittel stellen eine wichtige Infektionsquelle für den Menschen dar. Häufige Erreger lebensmittelbedingter Infektionen sind Campylobacter spp. und Salmonella spp. Infektionen mit Listeria monocytogenes oder verotoxinbildende E. coli (VTEC) treten seltener auf. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und ESBL/AmpC-bildende E. coli sind weltweit verbreitete Erreger von zum Teil schwerwiegenden Krankenhausinfektionen. Bei Nutztieren hat sich ein spezifischer Typ von MRSA ausgebreitet. Eine Besiedlung des Menschen mit diesen „Nutztier-assoziierten“ MRSA-Stämmen scheint jedoch nur in seltenen Fällen zu schweren Krankheitserscheinungen führen.
Basierend auf der Richtlinie 2003/99/EG zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern sind alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, repräsentative und vergleichbare Daten über das Auftreten von Zoonosen und Zoonoseerregern sowie diesbezüglicher Antibiotikaresistenzen in Lebensmitteln, Futtermitteln und lebenden Tieren zu erfassen, auszuwerten und zu veröffentlichen, um so Aufschluss über Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoonosen und Zoonoseerregern zu erhalten. Dabei werden vor allem diejenigen Zoonoseerreger überwacht, die eine besondere Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen.
Das Zoonosen-Monitoring wird von den Ländern seit dem Jahr 2009 auf Grundlage einer Verwaltungsvorschrift bundesweit einheitlich jährlich im Rahmen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung durchgeführt. Die von den Ländern erhobenen Untersuchungsergebnisse werden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gesammelt, ausgewertet und zusammen mit den Ergebnissen der Typisierung und Resistenztestung sowie der Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) im Bericht über die Ergebnisse des jährlichen Zoonosen-Monitorings veröffentlicht. Das BfR übermittelt die Ergebnisse gemäß den Bestimmungen des Artikels 9 der Richtlinie 2003/99/EG an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).
Im Zoonosen-Monitoring werden repräsentative Daten zum Vorkommen von Zoonoseerregern bei den wichtigsten Lebensmittel liefernden Tierarten und ihren Produkten sowie anderen Lebensmitteln und Futtermitteln gewonnen. Diese ermöglichen es, die Exposition der Verbraucher gegenüber den Zoonoseerregern abzuschätzen. Die Resistenzuntersuchungen tragen dazu bei, Beziehungen zwischen dem Antibiotikaeinsatz in der Tierproduktion und der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen besser analysieren zu können.
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Quelle: BVL