Überblick über die Mikronährstoffversorgung der deutschen Bevölkerung

Im 13. Ernährungsbericht veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Daten zur Mikronährstoffversorgung in Deutschland. Zugrunde liegen die Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS). Die Erhebung der Daten erfolgte zwischen November 2008 und Dezember 2011.

Ziel der bundesweit durchgeführten Studie ist die Bereitstellung repräsentativer Gesundheitsdaten für in Deutschland lebende Erwachsene zwischen 18 und 79 Jahren. Für die Datenerhebung wurden 7238 Personen körperlich ausführlich untersucht und zu gesundheitsrelevanten Themen befragt während weitere 914 Personen lediglich befragt wurden.

Insgesamt wurden also die Daten von über 8000 Personen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren ausgewertet. Dabei gerieten unter anderem die Nährstoffe Vitamin D, Folat, Natrium und Jod in den Fokus der DGE. (1)

Vitamin D – der Dauerbrenner unter den Mikronährstoffen

Schon lange macht das Sonnenvitamin nicht nur in Deutschland mit Daten einer unzureichenden Versorgung Schlagzeilen. Vergleicht man die Daten des Bundes-Gesundheitssurvey 1998 mit den jüngsten Ergebnissen, hat sich die Situation auch in den letzten Jahren in Deutschland nicht verbessert. Laut DGE sind 61,4 % der Frauen und 61,7 % der Männer von einer unzureichenden Versorgung betroffen. (1) Da ein Großteil des Vitamin D vom Körper selbst mit Hilfe der UV-Strahlung der Sonne hergestellt wird, ist die geographische Lage Deutschlands einer der Hauptgründe für die aktuelle Versorgungssituation. Denn dadurch ist die Eigensynthese auf die Monate März-Oktober begrenzt.

Aber auch Bekleidung, die wenig Hautfläche für die notwendige Sonneneinstrahlung frei lässt, Sonnenschutzmittel, die Pigmentierung der Haut und ein höheres Lebensalter schränken die körpereigene Produktion ein. Zudem erhöhen die heutigen Arbeitsbedingungen, wie Schichtarbeiten oder Jobs in geschlossenen Räumen, das Risiko einer Unterversorgung durch wenige Aufenthalte im Freien. (2)

Folat – Frauen im gebärfähigen Alter sind unzureichend versorgt

Die Folatversorgung der allgemeinen Bevölkerung scheint in Deutschland besser zu sein als bisher angenommen. In der DEGS wurde die Versorgung anhand der Blutkonzentration des Vitamins gemessen. Es wird davon ausgegangen, dass 86 % der Bevölkerung adäquat versorgt sind. (1) Das wasserlösliche B-Vitamin hat eine bedeutende Rolle beim Zellwachstum, der Zellteilung und ‑differenzierung.

Für die Entwicklung des ungeborenen Kindes ist Folat daher von großer Bedeutung. Aus diesem Grund steigt der Bedarf an Folat in der Schwangerschaft von 300 µg/d auf 550 µg/d an. Allerdings zeigten Untersuchungen, dass der Mehrbedarf von 95 % der Frauen im gebärfähigen Alter nicht gedeckt wird.

Mögliche Konsequenzen einer unzureichenden Versorgung sind schwerwiegende Komplikationen wie Missbildungen (Neuralrohrdefekte) und Frühaborte. In den letzten 20 Jahren ist es in Deutschland nicht gelungen, durch Aufklärung zur Einnahme von Folsäurepräparaten für Frauen im gebärfähigen Alter, die Zahl der Komplikationen zu senken. (3) Hingegen konnte in den USA, in denen beispielsweise eine Anreicherung von Mehl mit Folsäure bereits seit 1998 gesetzlich vorgeschrieben ist, ein Rückgang der Komplikationen, die möglicherweise auf eine unzureichende Folatversorgung zurückzuführen waren, von 27 % beobachtet werden. (4)

Natrium – zu viel des Guten

Mit einer durchschnittlichen täglichen Natriumzufuhr von 4,5 g für Männer und 3,8 g für Frauen überschreiten in Deutschland 86 % der Männer und 80 % der Frauen die empfohlen Zufuhrmenge der WHO von 2 g Natrium pro Tag. (1)

Hauptquelle für Natrium ist das Kochsalz, das viel in verarbeiteten Lebensmitteln wie Brot, Fleisch- und Wurstwaren sowie Milch und Milcherzeugnissen inklusive Käse enthalten ist. Kritisch sind die Zahlen deshalb, weil eine erhöhte Zufuhr mit einem gesteigerten Risiko für Bluthochdruck und der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung steht. Um die Natriumzufuhr einzuschränken, wird eine Kochsalzreduktion empfohlen, vor allem dann, wenn der Blutdruck bereits erhöht ist.

Allerdings sollten Menschen ohne Bluthochdruck dem Kochsalz keine strikte Absage erteilen. Bislang ist unklar, inwieweit sich eine zu geringe Zufuhr auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirkt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig das Krankheitsrisiko erhöht. Die kritische Schwelle der Mindestzufuhr ist jedoch unklar. (5)

Jod – Versorgung nach wie vor nicht zufriedenstellend

Aufgrund der geografischen Lage gilt Deutschland als Jodmangelgebiet. Durch die Anreicherung von Speisesalz konnte die Jodversorgung verbessert werden. Dennoch sind in Deutschland 30 % der Erwachsenen vom Risiko einer unzureichenden Jodversorgung betroffen. (1)

Circa 90 % der Gesamtspeisesalzzufuhr – dem Hauptlieferanten für Jod – ist auf den Verzehr von verarbeiteten Lebensmitteln zurückzuführen. Ein Rückgang der Verwendung von jodiertem Speisesalz in der Lebensmittelindustrie in den letzten Jahren erschwert die Schließung der Versorgungslücke. Sowohl in Schwangerschaft und Stillzeit als auch im Säuglings- und Kindesalter ist eine adäquate Jodversorgung für die Entwicklung der kognitiven Leistungsfähigkeit und des Gehirns von großer Bedeutung. Untersuchungen bei Kindern in Deutschland zeigen, dass bei mindestens 25 % der Kinder keine bedarfsadäquate Jodversorgung vorliegt. (6)

Auf Grund der Tendenz zur Speisesalzreduktion für die Risikominderung für Bluthochdruck sollte die Verwendung von jodiertem Speisesalz in der Lebensmittelindustrie gefördert oder über eine Anhebung des Jodgehalts im Speisesalz nachgedacht werden. (1)

[1] Ernährungsbericht, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 2016

[2] Sowah D, Fan X, Dennett L, Hagtvedt R, Straube S. Vitamin D levels and deficiency with different occupations: a systematic review. BMC Public Health. 2017 Jun 22;17(1):519. doi: 10.1186/s12889-017-4436-z.

[3] Khoshnood B, Loane M, de Walle H, et al. Long term trends in prevalence of neural tube defects in Europe: population based study. BMJ. 2015 Nov 24;351:h5949. doi: 10.1136/bmj.h5949.

[4] Williams J, Mai CT, Mulinare J, et al. Updated estimates of neural tube defects prevented by mandatory folic Acid fortification – United States, 1995-2011. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2015 Jan 16;64(1):1-5.

[5] Graudal N, Jürgens G, Baslund B, Alderman MH. Compared with usual sodium intake, low- and excessive-sodium diets are associated with increased mortality: a meta-analysis. Am J Hypertens. 2014 Sep;27(9):1129-37. doi: 10.1093/ajh/hpu028.

[6] Remer, T; Jodversorgung bei Kindern und Jugendlichen – Maßnahmen, Probleme und Erfolge im Wachstumsalter, Präv Gesundheitsf 2007 · 2:167–173; DOI 10.1007/s11553-007-0072-2.

Quelle und Pressekontakt DIfE