Biofaktorenmangel: erhöhtes Risiko für Depressionen?

Depressionen stellen weltweit eine erhebliche gesundheitliche und wirtschaftliche Belastung dar.

Neben klassischen Behandlungsmethoden wie Psychotherapie und Antidepressiva sollte bei Patienten mit Depression auch auf eine ausreichende Versorgung mit den Biofaktoren Vitamin B12, Magnesium, Vitamin D und Zink geachtet werden.

Bei Depressionen Vitamin-B12-Mangel vermeiden

Neben den bekannten Mangelsymptomen einer perniziösen Anämie und neurologischen Erkrankungen kann ein Vitamin-B12-Mangel zu verschiedensten unspezifischen Beschwerden wie verminderter Leistungsfähigkeit, Antriebsstörungen, Stimmungsschwankungen und Schlaf- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Burnout-Syndrom und Depressionen führen.

„Bei betroffenen Patienten sollte daher neben der Behandlung mit Antidepressiva und Psychotherapie der Vitamin-B12-Status im Auge behalten werden. Bei etwa 30 % der Menschen, die unter Depressionen leiden, wurde ein erniedrigter Vitamin-B12-Blutspiegel nachgewiesen“, warnte Prof. Hans-Georg Classen, Vorsitzender der Gesellschaft für Biofaktoren (GfB).

Insbesondere bei Senioren mit einem Vitamin-B12-Mangel wird ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Depression beobachtet. (1) Und laut Ergebnis der Augsburger KORA-Age-Studie sind rund ein Drittel der Menschen über 65 Jahre von einer Vitamin-B12-Unterversorgung betroffen. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko weiter an: bei den 85- bis 93-Jährigen sind es 37,6 %. (2)

Vitamin-B12-Supplemente bei Depression hilfreich?

Eine aktuelle Übersichtsarbeit aus 20203 überprüfte zahlreiche Studien bezüglich des potentiellen Nutzens einer Vitamin-B12-Supplementierung bei Depressionen. Basierend auf den Ergebnissen der untersuchten Studien wurde der Schluss gezogen, dass eine frühzeitige Supplementierung mit dem Biofaktor Vitamin B12 – die Tagesdosen lagen zwischen 500 und 1.000 µg – den Beginn einer Depression verzögern und die Wirkung von Antidepressiva verbessern kann.

Welche Rolle spielt der Biofaktor Magnesium bei Depression?

Ein Magnesiummangel kann die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress beeinträchtigen und eine körperliche und psychische Erschöpfung bis hin zur Entwicklung einer Depression fördern. „Bereits seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist die Stress-abschirmende Wirkung von Magnesium bekannt“, betont Prof. Classen. Sie resultiere aus einer Dämpfung der Hypophysen-Nebennieren-Achse, die unter Stress-Einfluss überaktiviert sei. (4)

„Besonderes Interesse erlangte Magnesium auch als natürlicher Antagonist des NMDA (N-Methyl-D-Aspartat)-Rezeptors“, so der Magnesium-Forscher Classen. Dieser vor allem im zentralen Nervensystem vorkommende Rezeptor werde auch durch Arzneimittel gehemmt, die in der Psychiatrie verwendet werden. Folglich werde Magnesium zunehmend bei der Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen (5) und als Co-Medikation bei Depressionen eingesetzt, insbesondere bei nachgewiesenem Magnesiummangel. (6,7)

Bei Depressionen auf den Biofaktoren-Status achten

Und auch der Biofaktor Vitamin D wird als Therapieoption in der Behandlung von Depressionen diskutiert, obwohl kontrollierte klinische Studien bislang widersprüchliche Ergebnisse zeigten. Eine aktuelle Analyse aus 2020 von insgesamt 61 Publikationen konnte zwar den Zusammenhang zwischen Vitamin D und Depressionen bestätigen, die Evidenz für eine universelle Supplementierung würde allerdings noch nicht ausreichen. (8) Verschiedene Studien weisen auch auf eine Korrelation zwischen Zinkmangel und Depressionen hin, wobei die Schwere der Depression mit der Höhe des Zinkdefizits korreliert. (9)

Zusammengefasst zeigt dieser Beitrag, dass – auch wenn die Studienlage nicht immer einheitlich ist – der ausreichenden Versorgung mit den Biofaktoren Vitamin B12, Magnesium, Vitamin D und Zink in der Behandlung einer Depression neben klassischen Methoden Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Literatur:

[1] Tiemeier H et al.: Vitamin B12, folate and homocysteine in depression: the Rotterdam Study. Am J Psychiatry 2002, 159: 2009-2101

[2] Conzade R et al.: Prevalence and Predictors of Subclinical Micronutrient Deficiency in German Older Adults: Results from the Population-Based KORA-Age Study. Nutrients 2017, 9(12): 1276 ff

[3] Sangle P et al.: Vitamin B12 Supplementation: Preventing onset and improving prognosis of depression. Cureus 2020 oct 26, 12(10): e 11169. doi: 10.7759/cureus.11169

[4] Classen HG: Systemic stress, magnesium status and cardiovascular damage. Magnesium 1986; 5: 105-110

[5] Held K et al.: Oral Mg2+ supplementation reverses age-related neuroendocrine and sleep EEG changes in humans.  Pharmacopsychyiatry 2002; 35: 135-143

[6] Murck H: Ketamine, magnesium and major depression – From pharmacology to pathophysiology and back. J Psychiatr Res 2013; 47: 955-965

[7] Barragan-Rodriguez L et al.: Efficacy and safety of oral magnesium supplementation in the treatment of depression in the elderly with type 2 diabetes: a randomized, equivalent trial. Magnesium Res 2008; 21: 218-223

[8] Menon V et al.: Vitamin D and depression: a critical appraisal of the evidence and future directions. Indian J Psycol Med 2020 Jan-Feb, 42(19): 11-21

[9] Swardfager W et al.: Zinc in Depression: A Meta-Analysis. Biol Psychiatry 2013 Jun, 24: pii: S0006-3223(13)00451-4

Quelle: GfB