Nationales Lieferkettengesetz darf nicht zum kompletten Rückzug der deutschen Unternehmen aus zahlreichen Ländern der Welt führen

Nach jahrelangem Tauziehen hat der Deutsche Bundestag am 11.06.2021 ein nationales Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verabschiedet.

Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) begrüßt, dass nun endlich eine an den praktischen Gegebenheiten orientierte Einigung erzielt und klargestellt wurde, dass es für die Unternehmen keine zusätzlichen Haftungsrisiken über die bereits bestehenden hinaus gibt.

Das deutsche Gesetz bietet eine praxisorientierte Vorlage für eine einheitliche europäische Regelung, mit der gleiche Rahmenbedingungen für alle Unternehmen in der EU geschaffen werden können.

Die im neuen nationalen Lieferkettengesetz definierten Sorgfaltspflichten für die Unternehmen sind am Maßstab des Möglichen und Angemessenen ausgerichtet. Dies muss auch für die künftige europäische Regelung gelten, deren erster noch nicht veröffentlichter Entwurf die Unternehmen einseitig belastet hätte. „Ein Lieferkettengesetz darf nicht dazu führen, dass sich die Unternehmen komplett aus einer großen Zahl von Ursprungsländern zurückziehen müssen, um auf der sicheren Seite zu sein“, erläutert Dr. Carsten Bernoth, Hauptgeschäftsführer des BDSI. Denn dies schade allen, den Kleinbauern mit ihren Familien in vielen ohnehin instabilen Regionen der Welt wie auch der von der Coronakrise hart getroffenen deutschen Süßwarenindustrie. „Stattdessen sollten Unternehmen darin bestärkt werden, gemeinsam mit Zulieferern, landwirtschaftlichen Kooperativen oder innerhalb der Branche nach Lösungen zu suchen“, so Bernoth weiter.

Der geplante Geltungsbereich im nationalen Lieferkettengesetz sollte aus Sicht des BDSI eng ausgelegt werden, denn er soll sich nicht nur auf eigene Lieferanten, sondern auch auf die Lieferanten der Lieferanten erstrecken. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die keinen unmittelbaren Einfluss auf die komplette Lieferkette haben, sind auf ihre Lieferanten und auf Zertifizierungen angewiesen.

Für die deutsche Süßwarenindustrie sind die verantwortungsvolle Gestaltung von Liefer- und Wertschöpfungsketten und Nachhaltigkeit wichtige Themen. Deutsche Hersteller von Süßwaren, Markeneis und Knabberartikeln engagieren sich hierfür national wie international und nehmen weltweit eine führende Rolle ein. Die Hersteller setzen bereits 77 % Kakao und über 90 % Palmöl ein, welche nach Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert sind. In den wichtigsten Zertifizierungsstandards von Fairtrade und Rainforest Alliance werden strenge Anforderungen an die Verhinderung von missbräuchlicher Kinderarbeit gestellt und von den jeweiligen Organisationen vor Ort kontrolliert. Auch vergleichbare Unternehmensprogramme werden regelmäßig von unabhängigen Dritten geprüft.

Zum Hintergrund

In zahlreichen Ländern der Welt, aus denen auch die Süßwarenindustrie Rohstoffe bezieht, werden Menschenrechte nach wie vor nicht eingehalten, obwohl diese Staaten die entsprechenden internationalen Konventionen unterzeichnet haben. Es gibt keine ausreichenden staatlichen Kontrollen oder Verstöße werden nicht verfolgt. Für meist mittelständische Süßwarenunternehmen in Deutschland ist es in der Praxis nicht möglich, staatliche Defizite – z. B. in Kakaoanbaugebieten in Westafrika – zu korrigieren.

Quelle: BDSI