Wie viel kosten Lebensmittel wirklich?

Forschende der TH Nürnberg ermitteln die wahren Preise von Lebensmitteln.

Auf dem Tollwood-Festival 2022 in München gab es den Tante Emmas Wahre-Kosten-Laden zu sehen. Nun zeigt ihn das Forschungsteam bei der BIOFACH Messe 2023. (Foto: Alexander Scharf)

Sie kalkulieren im Rahmen des neuen EU-Projekts FOODCoST unter anderem Preisaufschläge für Kosten durch Umweltschäden mit ein. Auf der BIOFACH 2023 geben sie kommende Woche Einblicke in ihre Forschung und nutzen dazu die Kulisse eines Wahre-Preise-Supermarkts.

Um den Preis von Lebensmitteln herauszufinden, genügt in der Regel ein Blick auf das Preisschild im Supermarkt. Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn von den „wahren“ Lebensmittelpreisen die Rede ist. Denn bei der Erzeugung von Lebensmitteln entstehen Kosten, die nicht über den Ladenpreis abgedeckt sind. Schäden an der Umwelt oder im sozialen Bereich, die bei der Herstellung entstehen, tragen aktuell nicht die produzierenden Unternehmen, sondern die Gesellschaft. Die Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm forscht im Bereich des True Cost Accounting, also der Buchhaltung der wahren, der tatsächlich entstehenden Kosten. Im Zuge der „HORIZON Research and Innovations Actions“ der Europäischen Union wird die TH Nürnberg als Partnerin des neuen Projekts „FOOD Costing and Internalisation of Externalities for System Transition“ (FOODCoST) für vier Jahre mit einer Summe von 450.000 Euro gefördert.

Ziel des EU-Projekts FOODCoST ist es, die Einflüsse von externen Effekten der Lebensmittelproduktion zu erforschen und zu analysieren, wie sich diese auf den Preis auswirken. Die dabei aufgedeckten Mehrkosten sollen nach dem Verursacherprinzip internalisiert werden. Produzierende Unternehmen, die Schäden an Umwelt und Gesellschaft verursachen, sind von Anfang an mit diesen Mehrkosten zu belegen, um die Lebensmittelproduktion nachhaltiger zu gestalten.

Das Projekt FOODCoST setzt sich aus sieben Arbeitsbereichen zusammen. Hierbei tragen die Forschenden der TH Nürnberg zur Erschließung der verschiedenen Methodologien und Datensätze bei, die für die Berechnung der externen Effekte benötigt werden. Zusätzlich unterstützen sie bei der Identifizierung und Einbindung verschiedener Wirtschaftsbereiche, bei der Erstellung von Fallstudien sowie der Projektkoordination.

Leiter der Forschungsgruppe, die am Standort der TH Nürnberg in Neumarkt arbeitet, ist Prof. Dr. Tobias Gaugler von der Fakultät Betriebswirtschaft. „Diese Förderung ist ein klares Zeichen für die Zukunftsträchtigkeit der Forschung zu den externen Effekten in der Landwirtschaft. Mit den zur Verfügung gestellten Mitteln können wir für die Ausgestaltung nachhaltiger Ernährungssysteme entscheidende Beiträge leisten“, sagt er. Seit Februar 2022 forscht und lehrt Gaugler im Studiengang Management in der Ökobranche am Standort Neumarkt. Mit der Beteiligung am FOODCoST-Projekt kann die TH Nürnberg nun weiter ihre interdisziplinäre Forschung entlang den Prinzipien der starken Nachhaltigkeit ausbauen.

„Angesichts der enormen ökologischen Herausforderungen im primären Sektor ist die Kostenwahrheit von Lebensmitteln von großer Bedeutung für die ökologische Transformation“, betont Hochschulpräsident Prof. Dr. Niels Oberbeck. In dem Projekt kooperieren 24 Institutionen aus zwölf Ländern. Zusammen mit der TH Nürnberg forschen die Universität Aarhus in Dänemark, die Universität Wageningen in den Niederlanden und die Universität Oxford in Großbritannien am Projekt. „Mit der Beteiligung der TH Nürnberg bauen wir unsere Hochschule weiter als attraktiven und international renommierten Standort für interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung aus.“

Vom 14. bis 17. Februar 2023 findet die BIOFACH 2023, Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, im Messezentrum Nürnberg statt. Der Studiengang Management in der Ökobranche wird vor Ort mit einem Messestand im Design eines Supermarkts vertreten sein. Interessierte können im Wahre-Preise-Supermarkt durch verschiedene Produktbereiche gehen und die digitalen Preisschilder der Produkte lesen. Zusätzlich wird unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Hahn die Wirkung der präsentierten wahren Kosten auf Konsumierende mit der Hilfe von „digital empathy“ untersucht. Das Konzept baut auf der Idee des Tante Emmas Wahre-Kosten-Ladens auf. Diesen haben die Wissenschaftler*innen des Forschungsprojekts “How much is the dish? – Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität durch True Cost Accounting bei Lebensmitteln” (HoMaBiLe) gemeinsam mit der Tollwood GmbH für das Tollwood Sommerfestival 2022 in München entwickelt.

Der Stand findet sich im Kongresszentrum CCN Ost in der zweiten Etage. Die TH Nürnberg ist ebenfalls mit einem Stand des Studiengangs Management in der Ökobranche in Halle 9, Stand 9-565, vertreten. Zahlreiche Vorträge und Podiumsdiskussionen von Expert*innen der TH Nürnberg runden das Fachprogramm ab.

Weiterführende Informationen:

Mehr Informationen zu True FOODCoST: https://leonardo-zentrum.de/projekte/true-foodcost/
https://www.foodcost-project.eu

Ergänzender Artikel mit Prof. Dr. Gaugler zum Thema Fleischersatzprodukte: https://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/fleischersatzprodukte-warum-sind-soja-schnitzel-teurer-als-schweine-schnitzel-id65292416.html

Fernsehsendung mit Prof. Dr. Gaugler in „Planet Wissen“ zu den wahren Kosten von Lebensmitteln: https://www.planet-wissen.de/video-was-unsere-lebensmittel-wirklich-kosten-100.html

Kontakt:
Matthias Wiedmann, Pressesprecher
Telefon: +49 911/5880-4101
E-Mail: presse@th-nuernberg.de

Quelle: TH Nürnberg