Heute ist die Zukunft der Puten- und Legehennenhaltung gefährdet – und morgen die Nutztierhaltung in Deutschland

Am 23. und 24. März trafen sich die Agrarminister von Bund und Ländern im schleswig-holsteinischen Büsum.

Es ging dabei auch um den Plan des Bundes, die Putenhaltung in Deutschland so stark zu beschränken, dass die heimische Erzeugung von Putenfleisch wirtschaftlich nicht mehr rentabel wird. Ebenso würde die unveränderte Umsetzung der Vorgaben zur Geschlechterbestimmung im Ei spätestens zum 1. Januar 2024 zum Aus eines weiteren Wirtschaftszweigs führen. Und dies vor dem Hintergrund guter Nachfrage nach ernährungsphysiologisch wertvollen Geflügelprodukten! Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), der mit zahlreichen betroffenen Tierhaltern nach Büsum gereist war, ruft die Länderminister dazu auf, klare Position gegen diese Pläne zu beziehen.

„Die Bundesregierung bedroht zusätzlich zur allgemein schon angespannten Krisensituation zwei florierende Wirtschaftszweige in ihrer Existenz! Die Landwirte und Tierhalter haben Angst um ihre Höfe und ihre Familien.“ Mit diesen Worten warnt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des ZDG, anlässlich der Agrarministerkonferenz in Büsum die Ministerinnen und Minister. Er fordert die Agrarpolitiker der Länder dazu auf: „Stehen Sie für mehr Tierwohl, den Erhalt von Arbeitsplätzen und mehr Wertschätzung für unsere Bäuerinnen und Bauern ein. Stoppen Sie die Pläne des Bundeslandwirtschaftsministers, die ohne Folgenabschätzung Tierschutzfortschritte, regionale Ernährungssicherung und die Wertschöpfung in ländlichen Räumen gefährden.“

Vorschlag zur Haltung von Mastputen unwissenschaftlich

Ripke erklärt, dass das Mitte Dezember veröffentlichte Eckpunktepapier des
Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zur Haltung von Mastputen ohne jegliche aktuelle wissenschaftliche Grundlage die Putenhalter in ihrer Arbeit massiv einschränke. „Das würde Tierhalter und unsere Unternehmen der Ernährungswirtschaft hierzulande zur Betriebsaufgabe zwingen und  heimisches Putenfleisch für die Verbraucherinnen und Verbraucher fast unbezahlbar machen“, führte Ripke weiter aus. Importe minderwertiger tierischer Lebensmittel wären die Folge. Das könnten weder deutsche Politiker noch Verbraucher und Tierhalter wollen. Hier müsste breite Einigkeit bestehen und in Beschlüsse umgesetzt werden.

Mitglieder des ZDG demonstrieren

Zahlreiche Bäuerinnen und Bauern sind nach Büsum gereist, um gegen die Vorschläge desBundeslandwirtschaftsministers ihre Stimme zu erheben. Ripke unterstrich, dass „dervorliegende Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen, der ein europaweit einheitliches Vorgehen und eine Folgenabschätzung einfordert, absolut zu unterstützen ist.“

Bei Haltung von Junghennen, Bruderhähnen und Elterntieren auf Länder hören

Parallel zu den Eckpunkten für Mastputen hat das BMEL auch Eckpunkte für die Haltung von Junghennen, Bruderhähnen sowie Elterntieren vorgelegt. Auch hier ist Ripke klar: „Ohne Folgenabschätzung und losgelöst von wissenschaftlichen Fakten darf kein neues Ordnungsrecht beschlossen werden.“ Gerade seien hierzu in Bundesländern gute und mit uns abgestimmte Regelungen getroffen worden. Für deren Umsetzung seien ohnehin die Länder und nicht der Bund zuständig.„Politisches Störfeuer aus dem BMEL wirke eher verunsichernd für alle Beteiligten“, so Ripke.

Geschlechterbestimmung im Ei in Deutschland nicht abwürgen

Ebenfalls sprach sich der ZDG-Präsident für eine Änderung des Tierschutzgesetzes aus: „Jedes aktuell praktikable Verfahren zur  Geschlechtsbestimmung im Ei muss weiterhin ermöglicht werden. Eine technisch umsetzbare Lösung zur Geschlechtsbestimmung im Ei vor dem siebten Bruttag ist nicht verfügbar.“ Werde das Tierschutzgesetz nicht geändert, gehe das Sterben der Brütereien weiter, obwohl dieser hochmoderne und wettbewerbsfähige Sektor mit deutscher Hochtechnologie auch Exportchancen auf den Weltmarkt erobert hat.

Ohne Änderung des Gesetzes kämen als Lösung ab 01.01.2024 nur Bruderhahnmast und Import von Junghennen aus dem Ausland bzw. EU-Mitgliedstaaten in Frage, die allesamt noch keine so weitgehende Regelung wie Deutschland oder gar keine haben. „Dass man das Problem des Kükentötens letztendlich nur europäisch lösen kann, haben wir schon in der Verbändeanhörung zum Gesetz in 2021 deutlich gemacht. Wir als deutsche
Geflügelwirtschaft wollen eine Lösung, genau wie die Politiker: so früh wie möglich, aber auch praktikabel und verhältnismäßig“, so Ripke.

Ausgang Provinzwahlen in Niederlanden bedenken

Mit Hinblick auf den jüngsten Wahlsieg der BoerenBurgerBewegung in den Niederlanden warnt Ripke: „Wenn der Bund die Ängste der Menschen auf dem Land ignoriert, treibt er Wählerinnen und Wähler in die Arme von neuen, unberechenbaren Kräften. Wohin das führen kann, haben wir bereits beim Brexit in Großbritannien gesehen. Alle Verbraucher müssen angesichts der vielfältigen Krisen bereits heute die inflationsbedingt gestiegenen Lebenshaltungskosten bestreiten.“

Landwirtschaft braucht Anwälte, nicht Staatsanwälte

Ripke ergänzt seine Warnung: „Aktuell nehmen wir das Handeln insbesondere des Bundeslandwirtschaftsministeriums als Versuch war, die Tierhaltung abzubauen. Dabei hat Cem Özdemir bei seinem Amtsantritt versprochen, Anwalt der Landwirte zu sein. Wir brauchen Anwälte, die uns mit Wertschätzung begegnen – nicht Staatsanwälte, die uns verfolgen.“

Gemeinschaftlich Transformation der Tierhaltung vorantreiben

Abschließend ruft der ZDG-Präsident die Agrarminister von Bund und Ländern dazu auf, gemeinsame eine tragfähige Lösung für die Weiterentwicklung der deutschen Geflügelhaltung zu finden. „Die Wirtschaft ist zum Dialog über eine Transformation bereit, die uns Planungssicherheit und Zukunft bringt. Lassen Sie uns gemeinsam für hohes und bezahlbares Tierwohl aus Deutschland, sichere Versorgung in Krisenzeiten und mehr Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik eintreten!“

Quelle: ZDG