Planetare Grenzen als neuer Denkansatz für Politik in der Klimakrise

Planetare Belastungsgrenzen sollten in die Kosten-Nutzen-Analyse von Politikpfaden einbezogen werden, zeigt eine neue Studie vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK und dem Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change MCC.

Planetare Grenzen. Illustration: Azote für das Stockholm Resilience Centre, auf der Grundlage von Persson et al 2022 und Steffen et al 2015

Ausgangspunkt der neuen Studie, die in der Fachzeitschrift Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik veröffentlicht wurde, ist die in der Wohlfahrtsökonomie genutzte Kosten-Nutzen-Analyse, die um das Konzept der planetaren Grenzen erweitert wird. Der neue Ansatz sucht nur innerhalb des Handlungsraums, den die Belastungsgrenzen ermöglichen, nach dem die Wohlfahrt maximierenden Vorgehen. Bislang wurden solche Grenzen entweder ignoriert oder als starres Ziel betrachtet, das es möglichst kostengünstig zu erreichen gilt, ohne dass man den ökonomischen Nutzen durch vermiedene Umweltschäden im Modell berücksichtigte. Die Stärke der neuen Methode zeigt sich am Beispiel der fossilen Brennstoffe: Sie macht die Umsetzung des Temperaturziels nach wie vor zur Bedingung – aber sieht auch vor, dass die Politik die Klimaschäden, die sich empirisch gut belegen lassen, unmittelbar einpreist.

„Mit Blick auf Politikberatung und die gesellschaftliche Debatte in der Klimakrise bietet unser neuer Denkansatz drei Vorteile“, sagt PIK Direktor Ottmar Edenhofer, der auch Direktor des MCC ist. „Erstens wird der Handlungsspielraum ganz offensichtlich besser ausgeleuchtet. Zweitens erscheint Klimapolitik nicht als Vorgabe der Naturwissenschaft, sondern als ökonomische Abwägung. Und drittens wird deutlich, dass Klimaschäden eine ökonomische Größe sind – und damit das Vermeiden von Klimaschäden ebenso der Wohlfahrt dient wie das Produzieren von Gütern. All dies ist notwendig, um für den Weg in eine klimaneutrale Welt künftig die Akzeptanz zu sichern.“

Wie sich die Belastungsgrenzen begründen und in die Kosten-Nutzen-Analyse einfügen können, dekliniert die Studie in unterschiedlichen Varianten durch. Sie können Ausdruck eines konkreten Kipppunkts im jeweiligen natürlichen System sein oder auch nach dem allgemeinen Vorsichtsprinzip den unteren Rand eines „Gefahrenraums“ markieren. Und wo der Zustand eines natürlichen Systems nicht exakt messbar ist, wie etwa die Unversehrtheit der Biosphäre, helfen auch „Proxy-Variablen“ wie Baumbestand, Größe von Lebensräumen oder Artenvielfalt.

„Die menschlichen Eingriffe in natürliche Systeme bergen die Gefahr katastrophaler Wohlfahrtsschäden“, warnt PIK-Direktor Johan Rockström. „Wenn man die Belastungsgrenzen in die Kosten-Nutzen-Analyse von Politikpfaden einbezieht, führt das tendenziell dazu, dass frühzeitiger und stärker gegengesteuert werden kann. Der in unserer Studie präsentierte Modellrahmen könnte der ökonomischen Forschung den Weg dafür ebnen, die planetaren Grenzen besser in den Blick zu nehmen und zu helfen, dass Umweltressourcen als globale öffentliche Güter endlich nachhaltig bewirtschaftet werden.“

Quelle: PIK