Studie mit 660 Produkten: WHO-Nährwertmodell ist praxistauglich für Werberegeln

 Gesundheitsbündnis DANK: Aussagen der Werbeindustrie nicht haltbar.

Das WHO-Nährwertmodell ist eine geeignete Grundlage für die geplanten Regeln für Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung. Das zeigt eine neue Studie von Wissenschaftler:innen der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), die heute als Preprint veröffentlicht wurde.

Das WHO-Nährwertmodell ist eine geeignete Grundlage für die geplanten Regeln für Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung. Das zeigt eine neue Studie von Wissenschaftler:innen der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), die heute als Preprint veröffentlicht wurde. Im Schnitt halten etwa 40 Prozent der insgesamt 660 untersuchten Lebensmittel aus 22 Produktkategorien die vom Bundesernährungsministerium vorgeschlagenen Grenzwerte für Kalorien, Zucker, Fette und Salz ein.

In den meisten Lebensmittelkategorien könnte eine beträchtliche Anzahl von Produkten weiterhin uneingeschränkt beworben werden. Die Anwendung des Modells dürfte die Werbung auf Produkte mit einem geringen Kalorien-, Zucker-, Salz- und Fettgehalt umlenken sowie Anreize für gesündere Rezepturen schaffen, schlussfolgern die Autoren. Als Bundesernährungsminister Cem Özdemir Ende Februar seine Pläne vorgestellt hatte, kritisierten FDP-Politiker das vorgeschlagene Nährwertmodell als „in der Praxis nicht umsetzbar“ und „weltfremd“. Der Zentralverband der Werbewirtschaft (ZAW) spricht von einem „weitgehenden Totalwerbeverbot für Lebensmittel“.

„Die Aussagen der Werbeindustrie sind angesichts der Studienergebnisse nicht haltbar. Die geplanten Regelungen hätten keinesfalls ein Totalwerbeverbot für Lebensmittel zur Folge. Werbung für Gesundes wäre weiterhin uneingeschränkt erlaubt und Werbung für Ungesundes würde wirksam eingedämmt. Wir appellieren an Bundesernährungsminister Cem Özdemir, an dem Vorhaben festzuhalten – und an die FDP, sich nicht vor den Karren der Werbeindustrie spannen zu lassen“, sagt Barbara Bitzer, Sprecherin der DANK und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

„Natürlich lässt sich über jeden Grenzwert und jedes konkrete Modell trefflich streiten“, ergänzt Oliver Huizinga, Co-Autor der Studie und politischer Geschäftsführer der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG). „Das machen sich die Gegner des Vorhabens zu Nutze und versuchen, mit selektiven Produktbeispielen Zweifel zu säen. Doch unsere Auswertung einer großen Zufallsstichprobe zeigt: Die geplanten Grenzwerte sind praxistauglich und keinesfalls weltfremd. Nicht ohne Grund ist das WHO-Modell international anerkannt und findet bereits in mehreren Staaten Anwendung“, so Huizinga.

Für die Studie haben die Wissenschaftler:innen eine Zufallsstichprobe von 660 Lebensmitteln – 30 Produkte je Lebensmittelkategorie – aus der Datenbank Open Food Facts untersucht, welche in Deutschland vertrieben werden. Von der Stichprobe erfüllen beispielsweise 80 Prozent der Milchgetränke, 73 Prozent der Fette und Öle, 60 Prozent der Fertiglebensmittel und 57 Prozent der Brote und Backwaren die Grenzwerte und könnten somit weiterhin uneingeschränkt beworben werden. In den Kategorien Süßwaren, Kuchen, Eiskreme, Saucen und Energy Drinks liegt die Quote bei 0 Prozent – alle Produkte dieser Kategorien wären von den Werberegeln betroffen. Im Schnitt (Median) über alle 22 Kategorien hinweg liegen 38 Prozent der Produkte innerhalb der Grenzwerte.

In einigen Produktkategorien ließe sich der Anteil der für Kinder-Lebensmittelmarketing zugelassenen Produkte durch eine moderate Kalorien-, Zucker-, Salz- oder Fettreduktion deutlich steigern. Die Anwendung des Modells könne daher Anreize für Rezepturanpassungen schaffen, so die Autoren. Bei einer angenommenen Senkung des Zuckergehalts in Frühstückscerealien um 30 Prozent würden beispielsweise zwei Drittel der untersuchten Produkte die Grenzwerte einhalten. Bei einer Senkung des Salzgehalts in Brot um 20 Prozent gilt dies sogar für 9 von 10 Produkten der Kategorie.

Größere Schwierigkeiten bei der Anwendung des WHO-Modells haben die Autoren nicht identifiziert. Vereinzelt könnten fehlende Kennzeichnungspflichten für Nährwertangaben die Anwendung des Modells erschweren. Als Limitation der Studie beschreiben die Autoren, dass die Zufallsstichprobe nicht absatzgewichtet und damit nicht zwingend repräsentativ für den Lebensmittelmarkt ist.

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Oliver Huizinga
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Quelle: DANK