EU-Gesetzgeber plant, Nürnberger Lebkuchen und Nürnberger Bratwurst zu diskriminieren

Es besteht die Gefahr der Diskriminierung von beliebten Nürnberger Lebkuchen und Nürnberger Bratwurst.

Derzeit wird in Brüssel die Geo-Schutz-Verordnung überarbeitet, die seit über 20 Jahren regionale Spezialitäten mit dem System der geschützten geographischen Angabe (g.g.A.) und der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) besonders hervorhebt und sichert. Anders als bei den g.U. ist es aber Wesenskern bei den g.g.A., dass die Zutaten nicht aus der Herstellungsregion stammen müssen oder können. Dies ist in den Spezifikationen transparent offengelegt. Das EU-Parlament fordert nun bei diesen Produkten die Einführung einer verpflichtenden Herkunftsangabe der primären Zutaten, wenn die primären Zutaten nicht aus dem gleichen Land kommen wie die g.g.A.

Eine solche Regelung ist aus Sicht des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) und des Schutzverbandes Nürnberger Bratwürste e.V., aus deren Mitgliedschaft bedeutende g.g.A. stammen, in der Praxis für Veredelungserzeugnisse nicht bzw. nur schwer umsetzbar und entwertet die beliebten Produkte.

Dr. Carsten Bernoth, Hauptgeschäftsführer des BDSI, kritisiert den Vorstoß des EU-Parlaments: „Die Forderungen nach einer verpflichtenden Herkunftsangabe von Zutaten veredelter Traditionsprodukte wie Nürnberger Lebkuchen sind vollkommen praxisfern. Sie würden zu einem unvorstellbaren bürokratischen Aufwand und enormen Kosten für die betroffenen Unternehmen führen und auch Verbrauchern keinen Mehrwert bieten. Verbraucherbefragungen zeigen eindeutig, dass z. B. beim Nürnberger Lebkuchen oder Lübecker Marzipan der Geschmack im Vordergrund steht und nicht die Frage, aus welchem Land das in einem Lebkuchen eingesetzte Mehl oder die Mandeln im Marzipan stammen.“

„Dieser Vorstoß aus Brüssel negiert zusätzlich bei Produkten mit Städtebezug wie z. B. Nürnberger Bratwurst die Historie, aus der die g.g.A. hervorgingen. In dem genannten Fall handelt es sich um eine alte Handelsstadt Nürnberg, deren besondere Lage und die handwerkliche Tradition der Hersteller den Einsatz der besonderen Zutaten überhaupt erst ermöglichte, gerade weil die erforderlichen Zutaten nicht oder nicht im erforderlichen Umfang in Nürnberg und Deutschland verfügbar waren,“ ergänzt Dr. Rainer Heimler, Vorsitzender vom Schutzverband Nürnberger Bratwürste e.V.

„Wichtige Zutaten wie Getreide oder Zucker sind in europäische Lieferketten eingebettet. Die Vorstellungen des EU-Parlamentes sind in der Praxis nicht umsetzbar und vollkommen realitätsfremd. Sollte die Regelung so kommen, sind nicht nur viele mittelständische Unternehmen und teils jahrhundertalte Lebensmitteltraditionen bedroht. Der Verbraucher wird auch dadurch in die Irre geführt, weil bestimmten Agrarrohstoffen allein aufgrund ihrer Herkunft in einem konkreten Mitgliedsland eine besondere Qualität zugesprochen werden soll. Das aber ist natürlich Unsinn. Außerdem führt dieser Ansatz die Errungenschaft des 30-jährigen Binnenmarktes und eine klare Rechtsprechung des EuGH ad absurdum“, erläutert Dr. Jürgen Brandstetter, Geschäftsführer des 1927 gegründeten Traditionsunternehmens Lebkuchen-Schmidt aus Nürnberg.

Der BDSI und die Schutzgemeinschaft Nürnberger Bratwürste e.V. fordern, dass sich sowohl die EU-Kommission als auch der Europäische Rat gegen eine derartige Herkunftskennzeichnungspflicht einsetzen.

Quelle: BDSI