Krebsschutz durch Ernährung? Mythos oder Evidenz, das ist hier die Frage …

Die Rolle der Ernährung bei der Vorbeugung von Krebs und Tumoren ist ein kontrovers diskutiertes Thema.

Ernährungswissenschaftler Uwe Knop nimmt Stellung. Er erklärt, ob es ‚Antikrebs-Lebensmittel‘ gibt und, ob bestimmte Diäten oder Ernährungspläne das Risiko für Krebs nachweislich reduzieren.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Vorbeugung von Krebs und Tumoren?

In Ländern wie „Schlaraffia Germania“ und allen Staaten, die ein Luxusangebot an Lebensmitteln haben und deren Bewohner somit nicht an Nährstoffmangel leiden, lautet die Antwort: Nichts Genaues weiß man nicht. Dieses „ökotrophologische (ernährungswissenschaftliche) Universalcredo“ gilt übrigens bei fast allen Fragen zu Ernährung und Gesundheit – einfach, weil dieser Forschungszweig keine Kausalevidenz, also keine belastbaren Beweise, liefern kann. Alles, was die Fachwelt liefert, sind nur Hypothesen und Vermutungen.

In dieser vagen Welt der Formulierungen konstatiert dann auch der Welt-Krebs-Report (WCRF): „Schätzungen zufolge könnten 30 bis 50 % aller Krebsfälle durch das Einhalten eines Körpergewichts im normalen Bereich, gesunder Ernährung, ausreichend körperlicher Aktivität sowie Vermeidung von berufsbedingten Karzinogenen, Umweltschadstoffen und bestimmten langfristigen Infektionen reduziert werden“. Ergo: Schätzungen im Konjunktiv – und das auch nur bei „Einhalten“ aller vorgenannten Lebensstilinterventionen, nicht nur Ernährung.

Gibt es bestimmte Lebensmittel oder Ernährungsgewohnheiten, die das Risiko für Krebs erhöhen können und die wir vermeiden sollten?

Nein, so einfach ist es leider nicht. Niemand kann Ihnen gesichert sagen: „Essen Sie dies und meiden Sie jenes und Sie werden Ihr Krebsrisiko sicher senken oder gar Krebs vorbeugen.“ Krebs ist noch immer eine hochkomplexe, individuell-multikausale Krankheit, über deren Ursachen und Entstehung die Medizin viel zu wenig weiß – einfach weil zahlreiche verschiedene Ursachen über Jahrzehnte hinweg eine kompliziert verwobene Rolle spielen. Warum beispielsweise bekommen etwa 90 % der Raucher keinen Lungenkrebs? Das weiß man nicht (bitte nicht als „Rauchverharmlosung“ verstehen!). Genauso wenig kann einem Krebskranken bei der Diagnose ein Arzt sicher sagen: „Das war Ihre Ernährung schuld, weil Sie zu viel XYZ gegessen haben.“ Im Umkehrschluss lassen sich auch zur Vorbeugung nur evidenzfreie Ratschläge geben, die auf Korrelationen basieren, aber niemals auf Kausalevidenz. Das gilt übrigens auch für Fleisch (lesen Sie dazu auch diesen Artikel „Kennt Lauterbach den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht?“ ).

Gibt es bestimmte Diäten oder Ernährungspläne, die das Risiko für Krebs und Tumoren reduzieren können?

Kurz und knapp: Nein. Es gibt zwar zahlreiche unterschiedliche Ernährungsstile wie Low Carb, Keto, Intervallfasten, vegan oder Paleo – aber es gibt für keinen dieser „Besser-Esser-Hypes“ auch nur einen einzigen Beleg, dass sie die Gesundheit besser schützen als irgendeine andere Ernährungsform. Das gilt auch für die allseits propagierte „gesunde Ernährung“ im Allgemeinen. Niemand kann Ihnen einen „Krebsschutz-Menüplan“ erstellen.

Welche spezifischen Lebensmittel sind besonders gesund und können zur Krebsprävention beitragen?

Da eine generelle Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel wissenschaftlich nicht möglich ist, kann auch niemand spezifische „Antikrebs-Lebensmittel“ empfehlen. (Lesen Sie dazu auch den Infokasten „Sieben auf einen Streich …“ am Ende des Artikels „Besser als sinnlose Werbeverbote wäre kostenloses Schulessen für Kinder„)

Gibt es überhaupt einen wissenschaftlich gesicherten Faktor, der ein besonders hohes Krebsrisiko anzeigt?

Ja, den gibt es: Die sicherste Korrelation liegt für das Alter vor. Je älter man wird, desto höher ist das Krebsrisiko! Ein hohes Alter ist demnach einer der stärksten Risikofaktoren, dass man Krebs bekommt. Rein korrelativ müsste man also einfach in jungen Jahren aus Ländern mit hoher Lebenserwartung wie Deutschland wegziehen – und zwar in puncto „Tumorprävention“ nach Nigeria, ein Land mit der niedrigsten Lebenserwartung weltweit. Damit hätte man dann – rein statistisch-korrelativ – sein Krebsrisiko drastisch gesenkt. An diesem Beispiel sieht man sehr deutlich, auf welchem Nonsens Forderungen nach Zwangssteuern und Verboten basieren, wenn diesen primär Korrelationen zugrunde liegen.

Wie lautet Ihre ganz persönliche Meinung als Ernährungswissenschaftler zu „gesunden Lebensmitteln“?

Unabhängig von allen Studien bin ich ein großer kulinarischer Freund aller Pflanzen, die Scharfstoffe enthalten: Chili, Pfeffer, Senf, Meerrettich, Knoblauch und Zwiebeln. Dazu liegen zwar jede Menge Grundlagenstudien zur Wirkung gegen allerlei Keime, Bakterien, Viren und sogar einige Krankheiten vor – aber mehr als vage Vermutungen, wie die Scharfstoffe langfristig im komplexen menschlichen Stoffwechsel wirken, das weiß niemand. Ich esse sie auch nicht wegen der „guten Datenlage“, sondern weil sie mir extrem gut schmecken und ich ihre deutlich spürbaren Effekte mag – dafür braucht es keine Wissenschaft, da reicht das intensive, ehrliche Körpergefühl beim gesunden Genuss.

** Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (u.a. Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben, Springer 2022). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop hat den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.