Ein Ausflug in die Backchemie.
Muffins sollen möglichst fluffig und saftig zugleich sein. Wer zwei goldene Regeln bei der Zubereitung beherzigt, bekommt eine „Muffin-Geling-Garantie“. Die erste Regel: Immer alle trockenen Zutaten (normalerweise Mehl, Backpulver, Natron, Gewürze, gegebenenfalls Nüsse etc.) getrennt von allen feuchten Zutaten (Ei, Buttermilch, geschmolzene Butter oder ein neutrales Speiseöl) mischen. Die zweite Regel: Es muss eine Säurekomponente in der Rezeptur enthalten sein; das kann beispielsweise Buttermilch oder Naturjoghurt (Milchsäure) sein, aber auch Apfelsaft (Apfelsäure). Warum das so wichtig ist, liegt an dem verwendeten Backtriebmittel Natron, das klassischerweise in jedem Muffin-Rezept Verwendung findet.
Um diese Regeln nachvollziehen zu können, zunächst ein kleiner Ausflug in die Backchemie und Historie: Damit der Teig aufgeht und locker wird, bedarf es eines Backtriebmittels. Dieses sorgt bekanntlich dafür, dass sich durch die Bildung von Kohlendioxid (CO2) kleine Bläschen bilden, die einen Rührteig schön aufgehen lassen und ihn zart und geschmeidig machen. In früheren Zeiten waren das im Prinzip nur Hefepilze und auch Milchsäurebakterien. Bei richtiger Teigführung führten sie zu den gewünschten Ergebnissen und brachten auch auf geschmacklicher Seite das erwünschte Aroma mit. Der große Nachteil: Sie brauchen immer ganz schön lange, bis sie ihr Werk vollbracht haben und der Teig endlich reif für den Ofen ist. Da in den Vereinigten Staaten bereits ab Ende der 1890er-Jahre eine industrielle Herstellung von Backwaren üblich war, bedeutete dies weitgehend das Aus für Hefe und Milchsäure als Backtriebmittel. Die Alternative war Natron (korrekterweise Natriumhydrogencarbonat).
Natron ermöglichte die erforderliche CO2-Bildung innerhalb von Sekunden, wenn es erstens mit Säure und zweitens mit Flüssigkeiten in Berührung kam. Da der Prozess dermaßen schnell ablief, musste man immer erst sämtliche trockene Bestandteile des Teigs vermischen und separat alle flüssigen. Erst unmittelbar vor dem Backen wurde alles schnell und kurz miteinander vermischt. Früchte (die noch mehr Säure enthalten), Nüsse oder Schokolade kamen erst im allerletzten Moment dazu.
Dieses enorm enge Zeitfenster ist ziemlich störanfällig und für die häusliche Backstube kaum zu gebrauchen. Deshalb sehen heutige Muffin-Rezepte in der Regel eine Mischung aus Natron und Backpulver vor: Bei einer Rezeptur für 12 Muffin-Förmchen sind dies 1½ bis 2 Teelöffel Backpulver auf ½ Teelöffel Natron. Backpulver enthält ebenfalls eine gewisse Menge Natron, ein phosphathaltiges Säuerungsmittel sowie Speisestärke als wasserbindendes Trennmittel. Das Trennmittel sorgt dafür, dass die gewünschte Reaktion nicht schon beim geringsten Anteil von Feuchtigkeit in der Umgebung in der Tüte abläuft. Zwar muss man immer noch die trockenen und feuchten Zutaten getrennt voneinander mischen, der gesamte Prozess ist so jedoch problemlos handhabbar. Wollte man übrigens Natron komplett durch Backpulver ersetzen, wäre etwa die dreifache Menge an Backpulver notwendig.
Mögliche Fehlerquellen beim Backen: Die Muffins gehen nicht auf – das kann daran liegen, dass zu wenig Backpulver und/oder Natron im Teig war, eine säuerliche Zutat fehlte oder zu lange gemischt oder zu lange mit dem Backen gewartet wurde. Sobald die trockenen und feuchten Komponenten zusammengerührt sind, muss der Teig rasch in die Förmchen und diese rasch in den vorgeheizten Backofen. Wenn die Muffins in der Mitte zusammenfallen, war der Teig möglicherweise zu flüssig. In dem Fall lieber noch einen Esslöffel Mehl unterrühren. Und die Muffins dürfen nicht zu früh aus dem Ofen, deshalb stets mit der Stäbchenprobe kontrollieren, ob sie genügend durchgebacken sind. Wenn die Muffins nicht saftig sind, wurden die Zutaten vielleicht zu lange und kräftig verrührt oder die Backzeit war zu lang.
Quelle: Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de