Back-Tales: Geschichten unserer Backwaren-Kultur

Brotsorten in Zahlen

Im Deutschen Brotregister sind rund 3.200 Brotsorten gelistet. Damit hat Deutschland eine einzigartige und besonders stark ausgeprägte Brotkultur vorzuweisen. 2014 wurde diese sogar von der UNESCO zum immateriellen Weltkulturerbe erhoben.

Zitat

„Aus einem jahrtausendealten Verfahren der Essenszubereitung, dem Backen, hat sich eine Kultur entwickelt, die bunter und schöner – und vor allem leckerer kaum sein könnte. Vielfältige Rohstoffe, ausgefeilte Techniken und Herstellungsweisen, die sich aus immer weiter überliefertem Wissen entwickelt haben, bieten heute eine schier unendliche Vielfalt an Backwaren, von Broten und Brötchen, über süßes Kleingebäck wie Teilchen, Muffins und Donuts bis hin zu klassischen Kuchen und ausgefeilten Torten.“

CHRISTOF CRONE
Vorsitzender und Geschäftsführer, Wissensforum Backwaren e.V.

Wer hat’s erfunden?

Schon lange vor dem Beginn der Landwirtschaft wurde gebacken. Vermutlich wurde Getreide allerdings erstmal gekocht. Die ältesten Spuren von erhitztem Getreide sind rund 40.000 Jahre alt, die ältesten Spuren von gebackenem Getreide, also von Brot, rund 14.400 Jahre.

Auch nachdem der Mensch systematisch begann, Getreide für seine Ernährung anzubauen, hat er dieses in der Regel zunächst gekocht und als Brei gegessen. Erst später wurden daraus Fladen gebacken, auf heißen Steinen oder in noch heißer Asche. Zwei Erfindungen revolutionierten schließlich das Backen: der Backofen und die Verwendung von Hefe.

Bereits bei den Ägyptern wurde Hefe zur Herstellung verschiedener Brotarten verwendet. Die Teige bestanden aus Getreide – meist Emmer –, Butter, Salz, Eiern, Milch, Wasser, Gewürzen und häufig eben auch aus Hefe. Gewonnen wurde die Hefe seinerzeit durch Abschöpfen von obergärig gebrautem Bier. Mit der so geernteten Hefe konnte ein Sauerteig angesetzt und die Gärung zur Lockerung von Teigen genutzt werden. Die Ägypter gaben das Verfahren zur Gewinnung von Hefe beim Bierbrauen und zum Ansetzen eines Sauerteiges an die Griechen weiter. Von diesen wiederum lernten die Römer.

Back-Tales

Die backbegeisterte Menschheit hat eine große Vielfalt an unterschiedlichsten Gebäckarten hervorgebracht und hinter fast allen verbirgt sich eine spannende Geschichte. Ein paar Kostproben gefällig?

©IREKS

Der Pumpernickel: ein furzender Kobold

Kaum eine Brotsorte wird so sehr mit Deutschland assoziiert wie der Pumpernickel. Die westfälische Spezialität aus Roggenvollkorn ist besonders ballaststoffreich − daher wird auch vermutet, dass ihr Name sich von „Pumper“ bzw. „pumpern“ ableiten könnte, ein regionaler Ausdruck für „Furz“ bzw. „furzen“. „Nikel“ wiederum bezeichnete ursprünglich einen arglistigen Kobold oder im übertragenen Sinne einen komischen Kautz. Bevor das Brot seinen Namen erhielt, soll Pumpernickel also zunächst ein Schimpfwort für ungehobelte Bauerntrampel gewesen sein. Nach dem Motto: „Du Furzbold, du!“ Man kann erahnen, dass das Brot Pumpernickel schon zu Entstehungszeiten nicht nur Liebhaber hatte. Zu Unrecht! Der bereits erwähnte Ballaststoffanteil des saftigen und aromatischen Vollkornbrots macht ihn zu einem wertvollen und nährstoffreichen Lebensmittel.

Das Toastbrot: Trinkspruch mit Einlage

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Wir verwenden das Wort Toast für zwei unterschiedliche Dinge: Für das Weißbrot, das wir in den Toaster stecken, und für den Trinkspruch, mit dem wir eine Person ehren. Das ist kein Zufall. Denn in England war es früher üblich, Wein mit einem Stück geröstetem Brot zu „aromatisieren“. Heute ein Frevel − wer würde einen guten Wein schon mit einem darin schwimmenden Stück Toastbrot verunstalten?

Aber Wein war damals eben noch nicht, was er heute ist, ganz besonders in England nicht. Da war ein bisschen Röstaroma eine klare Verbesserung. Dieser Brauch mischte sich im 18. und 19. Jahrhundert mit der Tradition, bei festlichen Anlässen Lobreden zu halten. Wer eine solche zum Besten geben wollte, der bekam ein Stück geröstetes Brot in den vollen Becher.

 Das Croissant: als Zeichen des Triumphs

©Martin_Braun-Gruppe

Der Vorläufer des Croissants, das Hörnchen, soll 1683 in Wien entstanden sein. Der Legende nach bemerkten dort die Bäcker, die früh morgens als erstes am Werk waren, den Angriff der türkischen Belagerer und schlugen Alarm. Als Zeichen des Triumphes backten sie später den türkischen „Halbmond“ aus Hefeteig. Durch die gebürtige Österreicherin Marie Antoinette kam das Backwerk im 18. Jahrhundert angeblich nach Frankreich und wurde dort nach der Sichelform des zunehmenden Mondes als Croissant bezeichnet (= „zunehmender Mond“ oder „Halbmond“).

Die Brezel: gut in Form

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Je beliebter und bekannter eine kulinarische Spezialität, desto mehr Mythen und Legenden ranken sich darum. Viele wollen sie schon vor Urzeiten erfunden haben, aus vielen Regionen soll sie ursprünglich stammen. So auch bei der Brezel. Tatsächlich scheint sich die Brezel aber zunächst recht unspektakulär aus einem einfachen Ringbrot der alten Römer entwickelt zu haben. Was also stimmt: Sie ist sehr alt. Eines der ältesten sogenannten „Gebildbrote“ überhaupt.

Schon im 2. Jahrhundert hielt das runde römische Hartweizengebäck Einzug in christliche Abendmahlsfeiern und transformierte sich von hier aus über die Jahrhunderte hinweg immer weiter – vom Ring zu einer Art Sechs, von einer Art Sechs zu zwei gegenüberliegenden Sechsen, von zwei gegenüberliegenden Sechsen zur geschlungenen Brezel, wie wir sie heute kennen. In dieser Form gab es sie bereits im 11. Jahrhundert. Über die Klosterkirchen des Mittelalters verbreitete sich das Backwerk in ganz Europa. Die Bezeichnung Brezel kommt vom lateinischen „bracchium“, was Arm bedeutet – wahrscheinlich, weil das Gebäck zwei ineinander geschlungenen Armen ähnelt. Aufgrund ihrer besonderen Form und Herstellungsweise ist die Brezel seit rund 700 Jahren das Zunftsymbol der Bäcker.

Der Berliner: viele Namen, immer lecker

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Berliner – so nennt man in Westdeutschland einen in schwimmendem Fett ausgebackenen und anschließend mit Zucker bestreuten und manchmal mit Konfitüre oder anderen Köstlichkeiten gefüllten Hefeteigling. Mit Ausnahme von Bayern und Hessen. In Bayern (und Österreich) spricht man von (Faschings-)Krapfen, in Hessen heißen sie Kräppel. In Ostdeutschland bezeichnet man sie als Pfannkuchen. In Berlin heißen Berliner also nicht Berliner, sondern Pfannkuchen. Eine besondere Kuriosität unserer Backwarenkultur.

Hochsaison hat das Gebäck – unter welchem Namen auch immer – zu Fasching bzw. Karneval. Und das hat einen Grund, nämlich die unmittelbar bevorstehende 40-tägige Fastenzeit, die in früheren Zeiten noch etwas ernster genommen wurde als heute. Unter anderem waren dabei tierische Produkte untersagt – somit auch Milch, Butter, Schmalz und Eier. Diese Lebensmittel galt es nun zügig aufzubrauchen – und sich zugleich ein bisschen Vorratsspeck für die Fastenzeit anzufuttern. Da lag Fettgebackenes quasi auf der Hand, bzw. in der Schmalzpfanne. Die Zubereitung in einer großen Pfanne auf dem Herd war ein weiteres Plus, denn früher hatte mitnichten jeder einen Backofen zuhause. Vom Schmalzbackwahn kurz vor der Fastenzeit zeugt auch heute noch der „schmozige“ Donnerstag im Süden Deutschlands. Es handelt sich um den Donnerstag vor Aschermittwoch, der früher den Auftakt zur häuslichen Küchleherstellung bildete. „Schmotzig“ bedeutet nämlich nichts anderes als „fettig“ oder „schmalzig“.


Über das Wissensforum Backwaren

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