Revolution der Nahrungsmittelproduktion: Jahrhundertprojekt der Werner Siemens-Stiftung

Sechs Ideen erhalten einen Forschungspreis: darunter „Revolution der Nahrungsmittelproduktion“

Die Finalisten im Wettbewerb um das „Jahrhundertprojekt“ der Werner Siemens-Stiftung (WSS) stehen fest: Sechs Teams mit innovativen Ideen aus Deutschland und der Schweiz erhalten einen WSS-Forschungspreis von jeweils 1 Million Schweizer Franken. Eines dieser Teams wird im Dezember den Zuschlag erhalten für ein WSS-Forschungszentrum, das Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung erforschen und entwickeln wird. Ausgestattet wird das Zentrum mit gesamthaft 100 Millionen Schweizer Franken für einen Förderzeitraum von zehn Jahren.

Das Interesse am Ideenwettbewerb für ein WSS-Forschungszentrum „Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung“ ist enorm. 123 Ideenskizzen von meist exzellenten Forschenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gingen bei der in Zug (Schweiz) ansässigen Werner Siemens-Stiftung ein, welche diesen Wettbewerb anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens gestartet hatte. „Die Vielfalt und die Qualität der Forschungsideen, der Enthusiasmus, die Zukunftsorientierung, der Optimismus und der Mut zum Risiko in den Ideen haben uns sehr begeistert“, sagt Professor Matthias Kleiner, ehemaliger Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Leibniz-Gemeinschaft sowie langjähriges Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Werner Siemens-Stiftung.

Innovative Vorhaben

Unterstützt von einem interdisziplinären Projektteam mit grosser Erfahrung in der Forschungsbewertung prüfte der wissenschaftliche Beirat die eingereichten Ideen. Auf seine Empfehlung wählten der Stiftungsrat und der Beirat der Familie sechs Teams mit ihren Forschungsideen aus, die jeweils mit einem WSS-Forschungspreis von 1 Million Schweizer Franken ausgezeichnet werden. Die innovativen Ideen stammen von Forschenden aus Deutschland und der Schweiz. Sie beschäftigen sich mit so unterschiedlichen Themen wie nachhaltige chemische Prozesse, solare Wasserstoffproduktion, effiziente Photovoltaik oder hoch kontrollierte Nahrungsmittelproduktion (siehe Projektbeschreibungen im Anhang).

Die Preisverleihung findet im Rahmen eines Kolloquiums am 16. Juni 2023 in Luzern statt. Basierend auf ihren Ideen erarbeiten die Preisträger bis Ende Oktober 2023 ihre detaillierten Konzepte für ein WSS-Forschungszentrum. Im Dezember 2023 wird wettbewerblich entschieden, welches dieser Konzepte den Zuschlag für das WSS-Forschungszentrum erhält, das Technologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung erforschen und entwickeln wird.

Ein Jahrhundertprojekt

Das WSS-Forschungszentrum wird für einen Förderzeitraum von 10 Jahren mit einem Finanzvolumen von insgesamt 100 Millionen Schweizer Franken ausgestattet. Für die Werner Siemens-Stiftung, die langfristige und gut ausgestattete wissenschaftliche Projekte fördert, ist es das grösste Forschungsvorhaben, das sie je finanziert hat. „Zum Jubiläum wollten wir ein ganz besonderes Projekt lancieren“, sagt Dr. Hubert Keiber, der Obmann des Stiftungsrats der Werner Siemens-Stiftung. „Das schlussendlich ausgewählte WSS-Forschungszentrum wird sicher dazu beitragen, die natürlichen Ressourcen der Welt besser zu schützen und nachhaltig zu nutzen.“

Die Werner Siemens-Stiftung möchte mit dem „WSS-Jahrhundertprojekt“ ihren Beitrag zu einem nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten leisten. Denn Energie, Luft, Wasser, Nahrung, Rohstoffe oder Lebensräume sind begrenzte Güter. Es gilt, sie sorgsam zu nutzen und zu bewirtschaften – und die Wissenschaft kann und muss dazu beitragen.

Die Werner Siemens-Stiftung

Die Werner Siemens-Stiftung hat ihren Sitz in Zug (Schweiz). In ihrem philanthropischen Teil fördert sie seit dem Jahr 2003 herausragende Innovationen und den begabten Nachwuchs in Technik und Naturwissenschaften.Gegründet wurde die Stiftung 1923 in Schaffhausen von Charlotte von Buxhoeveden und Marie von Graevenitz geb. Siemens, den Töchtern von Carl von Siemens, der mit seinem Bruder Werner von Siemens den späteren Siemens-Konzern aufgebaut hatte. Zu den beiden Gründerinnen traten später drei weitere Frauen aus der Siemens-Familie als Zustifterinnen hinzu. www.wernersiemens-stiftung.ch

Eines der sechs ausgezeichneten Projekte: Revolution der Nahrungsmittelproduktion

Wie lässt sich die wachsende Weltbevölkerung ernähren, ohne natürliche Ressourcen wie Wasser oder Böden zu übernutzen und Ökosysteme zu zerstören? Das ist die Frage, die ein Forschungsteam um Senthold Asseng von der Technischen Universität München lösen will. Die Forschenden setzen dabei auf eine Nahrungsmittelproduktion in einer umfassend kontrollierten Umgebung – eine radikale Weiterentwicklung des heute zum Teil bereits praktizierten Vertical Farmings. Für ein solches neuartiges System werden Pflanzen gezüchtet, die an die kontrollierten Bedingungen angepasst sind. Licht, Temperatur, Feuchtigkeit, Belüftung, Wasser- oder Nährstoffangebot werden genauestens geregelt. Unkräuter, Schädlinge und Krankheiten werden vermieden, was den Einsatz von schädlichen Pflanzenschutzmitteln überflüssig macht. In vertikal gestapelten Anbauflächen mit mehreren Ernten pro Jahr, so zeigen frühere Studien des Teams, liessen sich mit einem solchen Vorgehen beispielsweise um bis zu 600 Mal höhere Weizen-Erträge erreichen.

Für Weizen als Pilotpflanze möchten die Forschenden ein solches System in einem WSS-Forschungszentrum entwickeln. Weizen liefert der Menschheit ein Fünftel aller Kalorien und ist die am besten untersuchte Nutzpflanze. In dem Projekt wird die Pflanze komplett neu optimiert, denn unter kontrollierten Bedingungen muss sie viel weniger Energie in Wurzelsysteme oder Krankheitsresistenzen stecken als im Freiland. Modelle und Simulationen werden aufzeigen, unter welchen Bedingungen die Pflanzen am schnellsten wachsen. Hocheffiziente Kreislaufsysteme sorgen dafür, dass 99 Prozent weniger Wasser und 60 Prozent weniger Düngemittel verbraucht werden. In zehn Jahren soll auch eine Pilotanlage entstehen, die aus zehn grossen Produktionsflächen besteht. Das neue System würde den Flächenverbrauch für die Nahrungsmittelproduktion minimieren – intensiv bewirtschaftete Flächen könnten wieder der Natur überlassen werden.

Kontakt:

Prof. Dr. Senthold Asseng
Direktor Hans-Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften
Technische Universität München
E-Mail: senthold.asseng@tum.de

Prof. Dr. Lutz Ackermann
Wöhler-Forschungsinstitut für Nachhaltige Chemie
Institut für Organische und Biomolekulare Chemie
Georg-August-Universität Göttingen
E-Mail: lutz.ackermann@chemie.uni-goettingen.de

Pressekontakt:

Für Fragen zur Stiftung:
Dr. Hubert Keiber
Obmann des Stiftungsrats
Guthirthof 6
6300 Zug
Tel: +41 41 720 21 10
E-Mail: hubert.keiber@wernersiemens-stiftung.ch

Für Fragen zum Jahrhundertprojekt:
Prof. Dr.-Ing. Matthias Kleiner
Projektleiter, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats
Tel: +49 151 15222836
E-Mail: matthias.kleiner@wernersiemens-stiftung.ch

Quelle: WSS