Spargel: Weder Aphrodisiakum noch gesund – woher kommt der Hype um die Presswasserstange?

Woher kommt der Hype um Spargel? Ist das „weiße Gold“ auf dem Teller wirklich so gesund und steigert die Libido? All das und mehr lesen Sie in den folgenden FAQ zum beliebten Luxus-Frühlingsgemüse.

Hören Sie dazu auch das aktuelle Interview im WDR Morgenecho

Befeuert Spargelgenuss die Lust auf Sex?

Das würde sicher vielen gefallen. Aber weder „geschlechtsteil-affine“ Gemüse wie der maskuline Spargel – der im Übrigen nur fest und damit roh als „Phallusmetapher“ herhält, denn gekocht ist er schlaff und hängend – noch die feminine feucht-weiche Auster haben irgendeinen nachgewiesenen Effekt auf die sexuelle Lust. Wie und ob Lebensmittel die sexuelle Leistungsfähigkeit beeinflussen. finden Sie hier.

Warum ist Spargel im Vergleich zu anderen Gemüsesorten so teuer?

Die Ernte ist wesentlich aufwändiger, da viel mehr vorsichtig-filigrane und erfahrene Handarbeit nötig ist, weil der Spargel fragil und zerbrechlich ist – und dazu müssen meist Leiharbeiter aus Osteuropa hergebracht werden, weil die Kosten für hiesige Arbeitskräfte den ohnehin schon hohen Spargelpreis noch weiter steigen lassen würden.

Wie ist die Ökobilanz von Spargel und welche Auswirkungen hat seine Produktion aufs Klima?

Spargel von unbeheizten Feldern aus der Region hat eine vergleichsweise gute Klimabilanz im Vergleich zu Import-Spargel aus Spanien, Griechenland und Südamerika oder deutschem „März-Frühspargel“ von beheizten Feldern. Alle „klimabewussten Spargelaficionados“ sollten also im Mai/Juni beim regionalen Händler ihres Vertrauens zugreifen. Das sollte auch nicht schwer sein, denn mehr als 80 % unseres Spargels kommen aus Deutschland – und somit sind die „schlanken Edelstangen“ auch das Gemüse mit der größten Anbaufläche hierzulande.

Welche Rolle spielen Erntehelfer in der Spargelproduktion und warum ist ihre Arbeit so aufwendig?

Sie sind elementar wichtig, weil deren fleißig-erfahrene Handarbeit aus ökonomischen Gründen unersetzlich ist für das „weiße Luxusgemüse“ auf deutschen Tellern. Doch niedrig bezahlte ausländische Leiharbeiter, die mit Bussen angekarrt für Tage oder Wochen in Gemeinschaftsunterkünften einquartiert werden und gebückt bei Wind & Wetter auf deutschen Feldern Spargel stechen, dieses unzeitgemäße Bild der Realität stößt gerade bei den sozial sensibleren jüngeren Generationen auf Widerstand. Daher sinkt besonders in dieser Gruppe der Konsum – denn Spargel hat hier einen gewissen Image-Schaden mit dem Brandmal „sozialer Ungleichheit“ erlitten.

Wie steht es um den Nährwert von Spargel im Vergleich zu anderen Gemüsesorten?

Spargel ist im Grunde eine energielose und recht nährwertfreie „Presswasserstange“ – und damit in etwa auf Augenhöhe mit Gurken, Tomaten und Blattsalaten. Spargel gehört zu den teuren „Luxusgemüsen“, die kein Mensch zur Lebenserhaltung benötigt, sondern die einfach nur als „nice to have“ schmecken. Dessen sollte man sich beim Einkauf nicht nur von Spargel, sondern vieler nährwertfreier Gemüse bewusst sein: sie verbrauchen teils viele Ressourcen, liefern aber kaum Energie und essenzielle Nährstoffe.

Gibt es nachhaltige Alternativen zu Spargel, die ähnliche kulinarische Erlebnisse bieten?

Nachhaltig im Sinne „kurzweiligeren Genuss“, den man gerne wiederholt, ist der grüne Spargel. Denn den muss man nicht schälen, er ist einfacher zu verarbeiten und die kulinarischen Einsatzmöglichkeiten sind größer. Dem Klima ist es aber wahrscheinlich egal ob grün oder weiß, wenn er natürlich sonnengereift aus der Region kommt.

 

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Dieser Beitrag erschien zuerst auf FOCUS online-Experte

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Uwe Knop (*72) ist evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler (Dipl.oec.troph./JLU Gießen), Publizist, Referent und Buchautor (u.a. Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben, Springer 2022). Seit mehr als 14 Jahren bildet die objektiv-faktenbasierte Analyse tausender aktueller Ernährungsstudien den Kern seiner unabhängigen Aufklärungsarbeit. Knop at den mündigen Essbürger mit eigener Meinung zum Ziel, der umfassend informiert selbst und bewusst entscheidet, worauf er bei der wichtigsten Hauptsache der Welt – genussvolles Essen zur Lebenserhaltung – vertraut.